Wie weiter mit dem Uni-Klinikum? Fragen an Dr. Thomas Spies, MdL

Vor einigen Wochen haben die CDU-FDP-Landesregierung und die Rhön AG eine Vereinbarung zur Zukunft des Uni-Klinikums abgeschlossen. Das Land gibt Investitionszuschüsse, für die Partikeltherapie wird bis Ende 2013 eine Lösung angestrebt.Bislang hat die Rhön AG immer behauptet, man brauche keine Hilfen des Landes – nun hält man die Hand auf, weil ein Universitätskrankenhaus anders funktioniere als ein Kreiskrankenhaus.
Festzuhalten bleibt: Die Privatisierung war und ist falsch. Doch das Fenster zum Rückkauf ist geschlossen. Wie beurteilt unser Landtagsabgeordneter Thomas Spies die aktuelle Entwicklung?

Thomas, die Regierung Bouffier und die Rhön AG schließen eine Vereinbarung zur Zukunftssicherung des Uni-Klinikums ab. Ein Vertrag für eine gute Zukunft?

Spies: Die Privatisierung unserer Uniklinik war, ist und bleibt ein Fehler der CDU Landesregierung. Und der Vertrag war der schlechteste, den das Land Hessen abgeschlossen hat. Jetzt wird nachverhandelt, aber auch nicht sehr erfolgreich: denn diese neue „Vertragsabsichtserklärung“ („Letter of intent“) ist zunächst mal teuer – 16 Millionen pro Jahr ist eine Menge Geld. Zumal das Uniklinikum verkauft wurde, um 260 Millionen Euro für Investitionen zu sparen – 170 Millionen für einen Neubau in Giessen und 90 Millionen für den 3. Bauabschnitt in Marburg. Aber mit 16 Millionen pro Jahr hätte das Land auch selbst über 25 Jahre diese Investitionen abtragen können. Damit fehlt auch der letzte Grund für die Privatisierung. Wie viel dieser nachverhandelte Vertag bringt, wird man erst sehen können, wenn aus den Ankündigungen tatsächlich ein neuer Vertrag geworden ist. Aber ich weiß wer verhandelt – das macht mich nicht sehr zuversichtlich.

Rhön behauptet, man wolle die Partikeltherapie, brauche aber noch etwas Zeit…

Spies: Das Argument für den Stopp der Partikeltherapie war, dass nicht genug Patienten pro Woche behandelt werden können, damit es sich lohnt. Eine rein ökonomische Frage. Daran wird sich auch in einem Jahr nicht geändert haben. Die Anlage selbst ist ja vorhanden und könnte betrieben werden – wenn man denn wollte. So stand es auch im Herbst in der Oberhessischen Presse. Es gibt eigentlich nur einen Grund, warum das jetzt auf nach der Landtagswahl vertagt wird: die CDU-Regierung will Zeit gewinnen, weil sie ihrem schlechten Vertrag selbst nicht traut und Angst hat, vor Gericht zu verlieren. Deshalb wird wohl lieber auf Zeit gespielt bis nach der Landtagswahl.

Die Beschäftigten waren bei den Verhandlungen zwischen Bouffier und Rhön nicht dabei. Auf sie kommen wahrscheinlich weitere Arbeitszeitverdichtungen und Mehrarbeit zu. Was sagst du, was sagt die SPD dazu?

Spies: Das ist typisch: Bouffier hat wieder einmal über, aber nicht mit den Beschäftigten gesprochen. Er hat vor einem Jahr ein Ende des Stellenabbaus versprochen – seither sind hunderte Stellen abgebaut. Und auch jetzt wird es nicht besser: man strebt ein Moratorium bis 2014 nur an. Tatsächlich kommt es aber darauf an, dass je nach Anzahl der Patienten auch genügend Personal da ist. Deshalb fordert die SPD seit Jahren auf allen Ebenen gesetzliche Personalstandards – nur so sind Patienten sicher.
Außerdem sagt die Landesregierung, sie kenne das Gutachten der Unternehmensberatung McKinsey nicht. Dennoch vereinbart sie, dass genau dieses Gutachten berücksichtigt werden soll. Das scheint mir nicht so ganz schlüssig, um es vorsichtig zu sagen.

Das Land bekommt zwei Sitze im Aufsichtsrat und sogar der Opposition sollen Vertreter in den Aufsichtsgremien angeboten werden. Bringt das mehr Kontrolle und Einfluss im Unternehmen?

Spies: Das ist sicher ein erheblicher Fortschritt, auch wenn es etwas überschätzt wird: Der Aufsichtsrat kann kontrollieren, darf aber zum einen nichts davon nach außen geben. Damit gibt es nur ein bisschen mehr Transparenz. Und zum anderen hat die Rhön-Kliniken AG weiter 95% der Geschäftsanteile, kann also weitgehend bestimmen. Also etwas mehr Kontrolle, aber keinen Einfluss. Dazu müssten die Gesellschaftsanteile des Landes deutlich erhöht werden.

Was wären aus Sicht der SPD die zielführenden Maßnahmen für die Zukunft unseres Uni-Klinikums?

Spies: Erstens gesetzliche Personalstandards, wie die SPD sie als erste gefordert hat und fordert. Zweitens Landesmittel nur gegen Gesellschaftsanteile. Drittens eine stärkere Krankenhausaufsicht. Und viertens eine sozialdemokratische Landesregierung, die die Interessen der Patienten, der Beschäftigten und von Forschung und Lehre an erste Stelle stellt.

Dr.  Thomas Spies, sozial- und gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Mit-Erfinder des Konzept der Bürgerversicherung, hat in den vergangenen Jahren die SPD-Position zum UKGM maßgeblich mitbestimmt.