Klimaschutz vor Ort

Lange Zeit hat sicherlich der Großteil unserer Bevölkerung die akute Änderung des Klimas wenig oder nicht wirklich wahrgenommen. Dabei ist die Erwärmung der Erdatmosphäre insbesondere durch die vom Menschen verursachte Erhöhung des Anteils CO2 in der Luft lange ein Thema, das in den 1970er Jahren selbst schon im Schulunterricht behandelt wurde. Leider sind die damaligen Ideen zum Energiesparen und zum Umweltschutz durch den aufkommenden „Neoliberalismus“ weitestgehend unterdrückt worden. Es hat nun mehrere Jahrzehnte gedauert, bis einerseits die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel und andererseits Hitze und Trockenheit dieses Phänomen wieder in unser Bewusstsein gebracht haben.

Der bekannte Meteorologe Sven Plöger hat im Oktober mehreren hundert Marburger*innen aufgezeigt, wie ernst die Lage ist. Eigentlich sollten danach auch die letzten „Klimaskeptiker“ von der anstehenden Krise überzeugt sein. Bezeichnenderweise sind es die jungen Menschen in aller Welt, die aus Sorge um ihre Zukunft nun regelmäßig auf die Straße gehen, um allen politisch Verantwortlichen diesen Notstand in der Breite der möglichen Auswirkungen näher zu bringen. Ein „weiter so“ kann nicht der Weg sein. In Marburg haben wir uns dieser Verantwortung für Klima und Umwelt in der Stadtpolitik schon längst gestellt. In dieser Klarheit verlangt es nun jedoch eine deutlich fokussierte Politik von Parlament und Magistrat. Alle Anstrengungen müssen deutlich intensiviert werden. Nun wissen wir auch, dass Heizung und Stromverbrauch 80% des messbaren Energiebedarfs in Marburg ausmachen. Hiermüssen wir primär mit dem Einsparen ansetzen. Die Dämmung und die energetische Ertüchtigung der alten Gebäudesubstanzen muss dabei an erster Stelle der Maßnahmen stehen – finanzielle Mittel aus Bund und Land sind von wesentlicher Bedeutung, denn die Mittel der Kommune sind begrenzt. Wir müssen uns vor Ort auf das konzentrieren, was auch durch die Stadt beeinflussbar und leistbar ist, um konkrete Schritte zur Reduzierung der CO2-Emissionen auf Nettonull bis 2030, des Energieverbrauchs, zur Steigerung der Energieeffizienz und des Ausbaus der Erneuerbaren Energien zu schaffen. Dabei hat Vorrang, was schnell und günstig, viel CO2-Einsparung bringt.

Für uns ist entscheidend, dass durch Klimaschutz Menschen mit kleinem oder mittlerem Einkommen nicht zusätzlich belastet werden. Klimaschutz muss sozial gerecht sein. Er bietet zudem die Chance einer sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozial-ökologischen Erneuerung. Größtmögliche Akzeptanz und Mitwirkung sind wesentlich. Die Ausarbeitung des Klimaschutz-Aktionsplans ist beschlossen und in Arbeit. Vorbildlich ist, dass bei der Erarbeitung der Ziele alle Interessierten die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen. Mit der Auftaktveranstaltung der Bürgerbeteiligung zum Klimaschutz-Aktionsplan am 8. November hat sich das außerordentlich große Interesse der Marburger Stadtgesellschaft gezeigt:

Fast 300 Menschen waren an diesem Abend zusammengekommen und haben ihre Ideen und auch ihre Visionen zusammengetragen. Aus den vielen Vorschlägen muss die Essenz nun herausgearbeitet und möglichst schnell in die Umsetzung gebracht werden. Vieles ist bereits beschlossen oder auf dem Weg. Hier ein paar Stichworte und Beispiele von umgesetzten oder geplanten Maßnahmen oder Projekten:

Integriertes Klimaschutzkonzept, Verbesserung des ÖPNV (mehr Busse, höhere Taktung, Anbindung Außenstadtteile), Elektrifizierung der Stadtbusse, weitere Elektrifizierung der städtischen Fahrzeugflotte, Ausbau von Elektroladestationen und Mobilitätshubs, Wasserstoff-Modellregion, sozial-energetisches Sanierungsprogramm für akzeptable Warmmieten, umfangreiche Förderung des Radverkehrs (Radwege, Radstreifen, Nextbike) Windenergiegewinnung in Wehrda, Biogas für Fernwärme im Stadtwald, „Haus der Nachhaltigkeit“, ausgedehnte Tempo-30-Zonen, Nutzung der Solarenergie auf Gebäuden der GeWoBau, 100% Ökostrom bei den Stadtwerken jetzt schon für Privatkunden, Förderung von Dachbegrünung, Renaturierung der Lahnaue, Blühflächen, Blue Community Marburg, Bürgerprojekte zum Klimaschutz, personelle Verstärkung des Klimaschutzes in der Stadtverwaltung und vieles mehr.

Matthias Simon
Fraktionsvorsitzender