Gut und bezahlbar wohnen – es geht voran

Kaum etwas bewegt die Marburgerinnen und Marburger mehr als fehlende oder zu teure Wohnungen oder Immobilien. Noch immer besteht trotz des merklichen Baubooms in den letzten Jahren erheblicher Bedarf vor allem an bezahlbarem Wohnraum für Normalverdiener und gefördertem Wohnraum. Auch Familien müssen in Marburg einfacher zu einer Wohnung kommen und nicht gezwungen sein, ins Umland auszuweichen. Momentan sind 800 Wohneinheiten allein in der Kernstadt im Bau oder in Vorbereitung. Mit dem Wohnraumversorgungskonzept wurden die Weichen gestellt, um das Angebot möglichst umfassend zu vergrößern und zwar möglichst gut verteilt über die Stadt. Viel gebaut wurde schon am Richtsberg, im Waldtal oder in der Nordstadt.

Wichtigstes Thema: Wohnen

Die Debatten um den Wohnungsraum sind teils leidenschaftlich, weil nun freie Flächen bebaut werden sollen. Für manche AnwohnerInnen bedeutet das zum Beispiel, dass die freie Sicht eingeschränkt wird oder einfach mehr Häuser in der Umgebung zu sehen sind. Mittelfristig können auch die Verkehre vor der eigenen Haustür zunehmen. Die Grenze der Wohnbebauung wird verändert. Wiesen und Äcker werden teils bebaut. Befragt man „alle MarburgerInnen“, so ist das Ergebnis eindeutig (zuletzt mit einer systematischen Befragung im Jahr 2017): Wichtigstes Thema in unserer Stadt ist das Wohnen, genauer: günstiger Wohnraum.

Nichtstun würde nichts lösen

Die von einigen Naturschutzverbänden und Bürgerinitiativen geforderte „Null-Lösung“, also der komplette Verzicht auf weiteren Wohnungsbau, bringt nicht die gewünschte Entlastung: Zwar verlagern wir scheinbar so das Problem auf die Nachbargemeinden, aber die Menschen die dann stattdessen zum Beispiel in den Gemeinden Lahntal, Weimar oder Ebsdorfergrund bauen, werden natürlich in die Stadt fahren wollen – sei es zur Arbeit, zum Einkaufen oder aus anderen Gründen. Damit wäre also die gerne diskutierte Problematik des Verkehrsaufkommens gar nicht gelöst, im Gegenteil: Wer in der Stadt lebt, wird auch Wege zu Fuß, mit dem Rad oder dem Stadtbus erledigen, wer aus dem Umland kommt, greift weit häufiger auf das eigene Auto zurück.

Neubaugebiet Stadtwald hat Vorrang

Wir haben im November in der Stadtverordnetenversammlung die Grundlage dafür beschlossen, um mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen zu können.

Ein neues Wohnquartier kommt demnach vorrangig im Gebiet Stadtwald/Hasenkopf in Frage. Im Bereich Oberer Rotenberg könnte ein kleineres Wohngebiet für geförderten Wohnungsbau und gemeinschaftliches Wohnen entstehen sowie ein Lebensmittelmarkt angesiedelt werden. Jetzt kann begonnen werden, konkret zu planen und dabei sind natürlich alle gesetzlich erforderlichen Prüfungen vorzunehmen, etwa zu Klima-, Umwelt- und Naturschutz und möglichen Verkehrsbelastungen. Das Ganze wird zudem von einem um- fangreichen Bürgerbeteiligungsverfahren begleitet.

Wohnen in östlichen Stadtteilen

Wir müssen jetzt aber bereits weiterdenken. Auch in den östlich gelegenen Außenstadtteilen sind die Entwicklungsmöglichkeiten ins Auge zu fassen, denn angesichts zu erwartender Bevölkerungszuwächse bleiben in der Kernstadt nicht mehr viele Möglichkeiten, um Wohnungen zu schaffen. Diesem Problem wird man sich stellen müssen. Hier gilt ebenso, dass wir die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in das Verfahren einbeziehen möchten, damit die spätere Entscheidung auf möglichst breite Zustimmung und Unterstützung vor Ort trifft.

Wir möchten, dass hier insbesondere Menschen eine neue Heimat finden, die auf den Lahnbergen oder im Ostkreis arbeiten, damit möglichst kurze Anfahrtswege zum Arbeitsplatz entstehen und die Innenstadt und die Hauptverkehrsachsen vom Pendlerverkehr entlastet werden und sich die Verkehrsbewegungen gut auffächern. Außerdem wollen wir mögliche verkehrliche Zusatzbelastungen für die einzelnen Stadtteile möglichst gerecht verteilen. Wichtiger ist aber, dass vor Ort bestehende Infrastrukturen genutzt und ausgebaut werden können, wie etwa Einkaufsmöglichkeiten oder die Ansiedlung von Ärzten und Dienstleistern.

Damit wird auch die Attraktivität der Dörfer gesteigert

Wichtig wird es weiterhin sein, dass bereits bei der Planung von Baugebieten die Bedürfnisse der zu- künftigen BewohnerInnen, aber auch der bisherigen AnwohnerInnen berücksichtigt werden. Das erfordert gut durchmischte Wohngebiete und keinesfalls soziale Brennpunkte. Verkehrliche Fragestellungen müssen im Vorfeld erhoben und geprüft werden. Die Anbindung des ÖPNV muss ebenso gewährleistet sein wie die sichere Erreichbarkeit durch Fußgänger und Radfahrer. Daher ist die von der SPD geförderte Bürgerbeteiligung weiterhin konsequent umzusetzen, weil dadurch viele Anregungen und wichtige Erkenntnisse in den Prozess und die Planung einfließen können.

Matthias Simon, Fraktionsvorsitzender

Sonja Sell, stellv. Fraktionsvorsitzende, bau- und planungspolitische Sprecherin