Die verordnete Erfolgsgeschichte des „Leuchtturmprojektes UKGM“

Wir müssen uns auf die Werte besinnen, die eine Gesellschaft ausmacht, was sie prägt und ihr Gestalt verleiht.

Freiheit, Verantwortung, Gerechtigkeit und Toleranz

Unsere Fähigkeit zur Verantwortung gehört zum Grundbestand des Humanums. Auf die Rechtstaatlichkeit, damit die Welt nicht dem Gesetz des Stärkeren unterliegt. Auf die Wahrheit, die nicht Vorteile und Interessen geopfert werden darf. Denn politisch und gesellschaftlich destruktive Strategien zu stützen, die den starken, brutalen, skrupellosen, die Oberhand gewähren, bedeutet wiederum:

Freiheit der Wölfe ist oft genug der Tod der Schafe

Unsere Fähigkeit zur Verantwortung ist somit nicht etwas, das durch Philosophen, Politiker oder Geistliche quasi von außen in unser Leben hineingebracht wird, sie gehört vielmehr zum Grundbestand des Humanums. Wir verlieren uns selbst, wenn wir diesem Prinzip nicht zu folgen vermögen. Aber irgendetwas ist grundsätzlich falsch an der Art und Weise, wie wir heutzutage leben. Wir verherrlichen eigennütziges Gewinnstreben. Wenn unsere Gesellschaft überhaupt ein Ziel hat, dann ist es die Jagd nach dem Profit. Wir wissen, was die Dinge kosten, aber wir wissen nicht, was sie wert sind. Bei einem Gerichtsurteil oder einem Gesetz fragen wir nicht, ob es gut ist. Ob es gerecht und vernünftig ist. Ob es zu einer besseren Gesellschaft, zu einer besseren Welt beitragen wird. Darum müssen wir uns auf unsere Rechte als Arbeitnehmer- und auf unsere Bürgerrechte besinnen, dass wir uns die Freiheit nehmen unbequem zu sein und Fragen zu stellen. Die Gesellschaft muss politische Entscheidungen in Frage stellen dürfen, auch wenn es keine einfachen Antworten gibt.

Das erfordert Mut zur Verantwortung!

Denn der Turbokapitalismus mit seinem rücksichtslosen Streben nach Effizienz und Optimierung ist verantwortungslos und nicht lebenswert. Diesem krisenanfälligen und auf den Profit ausgerichteten System muss ein durch Stabilität und Nachhaltigkeit geprägtes Modell einer menschlichen Ökonomie entgegen getreten werden.

Zeigen wir Verantwortung und nicht Gleichgültigkeit

Halten wir es mit Berthold Brecht: „Schwierigkeiten werden nicht dadurch überwunden, dass sie verschwiegen werden.“ Es müssen dringend gesetzlich qualitative und quantitative Personalmindeststandards geregelt werden. Die Belastungsgrenze der Beschäftigten ist bereits deutlich überschritten.

Mit dem Uniklinikum ist keine Rendite zu machen

Versorgungsqualität geht vor Profit. Ministerpräsident Bouffier steht vor einem Scherbenhaufen, das hoch gelobte Leuchtturmprojekt ist gescheitert! Die Einnahmen sind ausgeblieben. Die Rechnung der Rhön AG ist nicht aufgegangen. Das Personal ist zum Poker von Kapitalinteressen geworden – Einsatz ist das Uniklinikum! Die Beschäftigten und die Bevölkerung sehen dem nicht tatenlos zu. Eine ganze Region ist aufgestanden und erklärt sich solidarisch mit den Beschäftigten. Als Zeichen der Solidarität und gegen einen Stellenabbau und für Personalmindeststandards wurden insgesamt bis jetzt 43.000 Unterschriften gesammelt. Die Ignoranz und das Desinteresse der Hessischen Landesregierung an den Problemen und Ängsten der Beschäftigten und der Bevölkerung sind unglaublich. Es wird eine „Vogel-Strauß-Politik“ betrieben, die sich schon vor Beginn des Verkaufs bis heute hinzieht.

Wir können nicht tatenlos zusehen und länger innehalten, wie unsere Krankenhäuser zu industriellen Fabriken verkommen

Denn den Preis zahlen die Beschäftigten, die Patienten und nicht zuletzt die Lehrenden und Lernenden. Politiker dürfen sich in ihrem Handeln nicht hinter dem Argument des Kostenfaktors verstecken

Es muss sich was verändern

Darum darf es kein „Weiter so“ am Uni-Klinikum unter den jetzigen Rahmenbedingungen mit Stellenabbau, unerträglicher Arbeitsdichte, Angst vor Outsourcing und Einschränkung von Lehre und Forschung geben. Denn Führungsverantwortung kann in einem Unternehmen nicht nur Ergebnisverantwortung heißen! Eine verantwortliche Funktion wahrzunehmen beinhaltet die Forderung und den Anspruch, mit der eigenen Macht über andere verantwortlich umzugehen.

Wer hätte das gedacht?

Eine der ersten Erkenntnisse von McKinsey war, dass das UKGM mit zu den leistungsfähigsten Universitätsklinken in Deutschland zählt. Das zeigt, dass die Beschäftigten bis heute an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gegangen sind um die ihnen aufgezwungene Leistungsverdichtung zu kompensieren. Als Dank für den bisherigen Einsatz werden Stellen über die Fluktuation nicht nach besetzt. Der kalte Stellenabbau geht weiter. Doch damit nicht genug – jetzt wird noch etwas drauf gesetzt – die neue Strategie heißt:

Wachstumssteigerung

Es stellt sich doch hier die Frage: Wie eine Wachstumssteigerung bei nicht steigendem Personalzuwachs erreicht werden kann? Eine weitere Arbeitsverdichtung ist nicht hinnehmbar. Die Zitrone ist bereits ausgepresst!

Die Geschäftsführung erklärt, dass die Erfolgsgeschichte der UKGM fortgeschrieben werden kann, wenn es gelinge, u. a. auf folgenden sechs Feldern voranzukommen:

  1. Sicherstellung weiteren Wachstums der stationären und ambulanten Leistungen
  2. Steigerung der Personalproduktivität durch verbesserte klinische Prozesse
  3. Konsequente Abrechnung der erbrachten Leistungen durch vollständige Dokumentation und verbesserte Kodierung
  4. Verbesserte Sachmittel-Effizienz im medizinischen Bereich
  5. Optimierung der Verwaltungsfunktionen
  6. Senkung der Kosten für Drittleistungen

Doch betrachtet man die betriebliche Realität, muss man davon ausgehen, dass die vorgenannten Ziele mit dem jetzt vorhandenen Personal und mit den vorhandenen Strukturen, einschließlich der jetzt vorhandenen finanziellen Mittel, nicht erreicht werden können.

Wer unter diesen Bedingungen noch immer an die Erfolgsgeschichte glaubt, leidet an massivem Realitätsverlust!

Ein Beitrag von Bettina Böttcher