Anträge im Stadtparlament 2015

1.: Verurteilung Reichsgründungsfeier Burschenschaft Germania

  1. Die Stadtverordnetenversammlung verurteilt die „Reichsgründungsfeier“ der Marburger Burschenschaft „Germania“ und wertet sie als weiteren Beleg für ihre extrem rechte Ausrichtung.
  2. Durch die Übernahme des Vorsitzes der Deutschen Burschenschaft durch die „Germania“ ist die Stadtverordnetenversammlung in Sorge über mögliche vermehrte politische und öffentliche Aktivitäten des extrem rechten Dachverbands und seiner Mitgliedsbünde in Marburg. Daher gilt es, alle politischen und (verwaltungs-)rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, diese zu verhindern.
  3. Gewaltanwendung jeglicher Art ist auch in dieser Frage als Mittel der politischen Auseinandersetzung nicht zu akzeptieren.

2.: Abknickende Vorfahrt Wehrdaer Straße/Mengelsgasse

Der Magistrat wird gebeten, die Verkehrsführung an der Ecke Wehrdaer Straße / Mengelsgasse wie folgt neu zu regeln:

An der Einmündung wird die bestehende Vorfahrtsregelung aufgelöst. Statt-dessen wird eine abknickende Vorfahrtstraße eingerichtet, die vom Kreisel (Goßfelden, Cölbe) kommend von der Wehrdaer Straße in die Mengelsgasse einmündet.

 

3.: Umsetzung Konzept Wohnungslosenhilfe

Der Magistrat wird gebeten, das gemeinsam mit den Trägern diskutierte und überarbeitete Konzept zur Wohnungslosenhilfe umetzen. Vorrangig dabei soll sein:

  1. Im Mittelpunkt der Bemühungen und als Ziel der Maßnahmen soll die Beendigung der Wohnungslosigkeit der Betroffen und ihre Reintegration stehen.
  2. Es soll sichergestellt werden, dass allen betroffenen Personen eine Hilfeplanung angeboten wird, durch die der Weg geebnet werden kann, die jeweiligen individuellen, die Wohnungslosigkeit mit verursachenden Probleme in den Blick zu nehmen und Lösungen zu entwickeln.
  3. Es muss eine klare Kooperationsstruktur zwischen den damit befassten städtischen Ämtern und den freien Trägern geben, in die bei Bedarf auch ergänzende Hilfestrukturen einbezogen werden können.
  4. Gemeinsam mit den Wohnungsbaugesellschaften sollen Möglichkeiten des Clearing-, Übergangs- und Probewohnens, geschaffen bzw. bereit gehalten werden.
  5. Die angebotenen Maßnahmen für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen sollen für diese und die Öffentlichkeit nachvollziehbar sein.
  6. Es soll eine Kostenplanung für den erforderlichen Umbau der Gisselbergerstrasse erfolgen, bei der auch eine mögliche Kostenbeteiligung des LWV Berücksichtigung finden muss.
  7. Die derzeit als Notunterkünfte genutzten Wohnungen im Ginseldorferweg 26-32 werden so modernisiert wie es dem Standard des modernen Sozialen Wohnungsbaus entspricht. Soweit möglich und von den Betroffenen gewünscht, soll diesen ein Mietvertrag angeboten werden.

4.: Bürger/innenbefragung

Zu den Themen „Windkraftanlagen der Stadtwerke Marburg am Lichter Küppel“ und „Bildung weiterer Ortsbeiräte in der Kernstadt“ soll eine schriftliche Befragung stattfinden.

  1. Zu dem Thema „Windkraftanlagen der Stadtwerke Marburg am Lichter Küppel“ soll die Frage allen im Sinne des Kommunalwahlrechts Wahlberechtigten in Marburg und den 16- bis 18-jährigen Bürgerinnen und Bürgern der Universitätsstadt Marburg, die seit mind. 3 Monaten ihren Hauptwohnsitz in der Stadt Marburg haben, vorgelegt werden.
    Der Text auf dem Befragungszettel soll lauten:
    Ich unterstütze die Planungen der Stadtwerke Marburg zum Bau von 2 Windkraftanlagen am Lichter Küppelauf den Lahnbergen
    0              ja

           0               nein

  1. Zu dem Thema „Bildung weiterer Ortsbeiräte in der Kernstadt“ soll die Frage allen im Sinne des Kommunalwahlrechts Wahlberechtigten in Marburg vorgelegt werden, die bislang nach den Wahlbezirksgrenzen nicht zur Wahl eines Ortsbeirates aufgerufen sind. Ferner soll die Frage in diesen Bereichen allen 16- bis 18-jährigen, die seit mind. 3 Monaten ihren Hauptwohnsitz in der Universitätsstadt Marburg haben, vorgelegt werden.
    Der Text auf dem Befragungszettel soll lauten:
    Ich bin dafür, dass in Bereichen der Universitätsstadt Marburg, in denen es bislang keine Ortsbeiräte gibt, Ortsbeiräte eingerichtet werden.
    0              ja

          0               nein
Erläuterung:
Zur Wahl von Ortsbeiräten sind gegebenenfalls Ortsbezirksgrenzen durch die Stadtverordnetenversammlung festzulegen. Die Stadt Marburg stellt auf Wunsch nähere Informationen zur Verfügung, welche Ortsbezirke in der Kernstadt sinnvollerweise abgegrenzt werden können (z.B. Oberstadt, Weidenhausen, Südviertel, Ortenberg etc.“

  1. Die zur Abstimmung Berechtigten sollen 3 Wochen Zeit haben, die den Befragungsbriefen beigelegten Befragungszettel an die Stadt Marburg zurückzusenden.
    Die Befragungsbriefe sollen bei den Berechtigten spätestens am Samstag, dem 9. Mai 2015, vorliegen. Die Abstimmungszeit soll dauern bis zum Montag, 1. Juni 2015, 12.00 Uhr.
  2. Stichtag für die Erstellung des Befragungsverzeichnisses soll der 01. April 2015 sein. Für die Befragung sollen, soweit möglich, die Grundsätze des Kommunalwahlrechts analog Anwendung finden.

5.: Prüfauftrag Mountainbike-Strecke

Der Magistrat der Universitätsstadt Marburg wird beauftragt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Initiative Mountain-Bike e.V., dem Zentrum für Hochschulsport der Philipps-Universität Marburg und den weiteren Akteuren wie Hessenforst oder der Naturschutzbehörde eine attraktive Mountain-Bike-Strecke in Marburg zu prüfen.

6.: Unterstutzung von Vereinen, die Flüchtlinge willkommen heißen

Der Magistrat der Universitätsstadt Marburg wird beauftragt, Marburger Vereine bei ihren Bemühungen zu unterstützen, damit Flüchtlinge vermehrt an sportlichen und kulturellen Aktivitäten teilnehmen können und so besser in das gesellschaftliche Leben der Stadt integriert werden.

7.: Dringlicher Antrag arbeitsmarktpolitische Unterstützung Flüchtlinge

Die Stadtverordnetenversammlung zeigt sich enttäuscht, dass das seit 2008 bestehende Beratungsnetzwerk zur arbeitsmarktlichen Integration von Flüchtlingen „BLEIB in Hessen“ ab dem 1. Juli 2015 nicht mehr weitergefördert werden soll.

Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Magistrat auf, direkt und über den hessischen Städtetag beim Bundesarbeitsministerium zu intervenieren, dass dort die erforderlichen Mittel doch noch zur Verfügung gestellt werden.

8.: Dringlicher Antrag UKGM Verhalten von Ministerpräsident Bouffier

Die Stadtverordnetenversammlung stellt fest, dass die Beschäftigten am UKGM eine hervorragende Arbeit unter schwierigsten Bedingungen leisten.

Die Stadtverordnetenversammlung ist irritiert über den Antwortbrief des Ministerpräsidenten Bouffier auf den sogenannten Brandbrief der Beschäftigten, weil darin der Eindruck entsteht, dass die Nöte der Beschäftigten nicht ausreichend gewürdigt werden.

Sie fordert den Hessischen Ministerpräsidenten auf, sich durch direkte Gespräche mit den Beschäftigten ein eigenes Bild zu machen und damit seiner Verantwortung für das UKGM und die Beschäftigten gerecht zu werden. Das Land Hessen als eigenständiger Gesellschafter des UKGM muss endlich seinen Einfluss geltend machen, wie er im sog. Letter of Intent von 2013 beschrieben wurde.

Die Stadtverordnetenversammlung zeigt sich weiterhin in Sorge um die Situation der Beschäftigten am UKGM, wie sie am 28. Mai erneut und eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht wurden, und fordert spürbare Verbesserungen.

9.: Entscheidungskompetenz Kommunen für Geschwindigkeitsbegrenzungen

Der Magistrat wird aufgefordert, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Ankündigung des „Aktionsprogrammes Klimaschutz 2020″ des Bundes, die Entscheidungskompetenz der Kommunen hinsichtlich der Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu stärken, schnellstmöglich umgesetzt wird.

In diesem Zusammenhang soll der Magistrat bei der Bundesregierung darauf hinwirken,  den § 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) so zu ändern, dass die Kommunen selbst entscheiden dürfen, wo in ihrem Gemeinde- und Hoheitsgebiet sie welche Geschwindigkeit für richtig und angemessen halten.

10.: Beschulung Flüchtlingskinder sicherstellen

Der Magistrat möge berichten, mit welchem finanziellen Umfang die Stadt Marburg derzeit die Sprachförderung für Flüchtlinge und die Möglichkeit der Teilnahme am Schul- und Berufsschulunterricht ermöglicht.

Der Magistrat wird aufgefordert, sich bei der Landesregierung dafür einzusetzen, dass

– allen Kindern von Flüchtlingen ein Schulbesuch ermöglicht wird

– die Schulpflicht auf das Alter von 25 Jahren ausgeweitet wird.

11.: Ombudspersonen Flüchtlings-Camp EAE Cappel

Die Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Marburg bittet den Magistrat, Ombudspersonen für die Außenstelle der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Marburg schnellstmöglich zu berufen.

12.: Junge Flüchtlinge bei Entwicklung einer Lebensperspektive unterstützen

  1. Die Stadtverordnetenversammlung begrüßt und unterstützt das Vorhaben der Stadt als Modellkommune unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen bei der Entwicklung einer Lebensperspektive zu helfen.
  2. Die Stadtverordnetenversammlung bittet den Magistrat, auch für jene Jugendlichen in ähnlicher Weise Sorge zu tragen, die gemeinsam mit ihren Familien geflüchtet sind, und jungen erwachsenen Flüchtlingen zwischen 18 und 27 Jahren die Chance eines schulischen und beruflichen Abschlusses zu eröffnen.
  3. Sie fordert den Magistrat auf, bei der Landesregierung dafür einzutreten, dass entsprechend den jeweiligen Bedarfen dieser Jugendlichen und jungen Erwachsen hinreichende schulische Angebote zur Verfügung stehen.
  4. Sie fordert den Magistrat auf, in Kooperation mit der Agentur für Arbeit, dem Kreisjobcenter und dem Büro für Integration beim Kreis für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für diese Jugendlichen zu werben.
  5. Der Magistrat wird gebeten, über den Fortgang des Projekts incl. der in Kooperation mit den Freien Trägern realisierten Maßnahmen den Sozialausschuss regelmäßig zu informieren.

13.: Barrierefreie Zugänge bei öffentlichen Gebäuden

Die Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Marburg bittet den Magistrat,

  • die barrierefreien Zugänge zu öffentlichen Gebäuden der Stadt Marburg mit angemessenen Hinweisen für mobilitätseingeschränkte Besucher und Besucherinnen zu versehen.
  • bei allen künftigen Maßnahmen zur Schaffung barrierefreien Zugänge solche Hinweise anzubringen.

 

14.: Umbenennung Bushaltestelle am Garten des Gedenkens

Die beiden Bushaltestellen in Höhe des Gartens des Gedenkens (Richtung Wilhelmsplatz vor dem Garten; Richtung Rudolphsplatz vor der Universitätsstraße 4) erhalten als Bezeichnung einen Hinweis auf die ehemalige Synagoge. Die genaue künftige Bezeichnung der Bushaltestellen sollte in Abstimmung mit der Jüdischen Gemeinde Marburg erfolgen.

15.: Vergabekritierien für Aufträge der Stadt Marburg

Für eine soziale und ökologisch nachhaltigere Vergabe von Aufträgen der Universitätsstadt Marburg

  1. Der Magistrat wird gebeten, die Vergabe öffentlicher Aufträge ab einem Auf­tragswert von 10.000 € (o. MwSt.) grundsätzlich an sozialen, ökologischen, um­weltbezogenen und innovativen Anforderungen gemäß § 3 des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes auszurichten. Diese Anforderungen sind in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterla­gen zu nennen. Ausnahmen davon sind aktenkundig zu machen. Diese Regelung soll auch für Aufträge der städtischen Eigenbetriebe gelten.
  2. Der Magistrat wird außerdem darum gebeten, im Haupt- und Finanzausschuss jährlich über die Beschaffungspolitik der Universitätsstadt zu berichten.

 

16.: Sichere Unterbringung der Flüchtlinge in der EAE Cappel

Die Universitätsstadt Marburg und ihre Bürgerinnen und Bürger sind sich ihrer Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen bewusst und beteiligen sich daran mit großem Engagement. Für die wahrscheinlich über den Oktober hinaus weitergeführte Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Marburg muss eine winterfeste Lösung gefunden werden. Die Stadt Marburg ist bereit, die praktizierten Unterstützungsstrukturen mit ihren guten Standards für die Unterbringung und Begleitung der Menschen in der EAE-Außenstelle zu verstetigen.

Der Magistrat wird aufgefordert:

1. vom Land Hessen zeitnah eine Entscheidung zu fordern, wie die Unterbringung von Flüchtlingen in der Marburger Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung ab Oktober erfolgen soll, da eine weitere Unterbringung in den Zeltcamps für die Flüchtlinge nicht zumutbar ist.

2. vom Land Hessen zu fordern, dass ab Oktober die dann notwendigen festen Unterkünfte so gestaltet sind, dass sie eine menschenwürdige, die Intimsphäre und die familiären Beziehungen berücksichtigende Unterbringung ermöglichen. Der Situation der Frauen ist dabei besondere Beachtung zu schenken.

3. dem Land die Bereitschaft zu signalisieren, dass die Universitätsstadt Marburg die Erstellung fester Unterkünfte (wie bereits beim Zeltcamp) mit großem Engagement unterstützen will. Da es sich allerdings um eine Einrichtung des Landes Hessen handelt, muss das Land für die Kosten aufkommen. Die Universitätsstadt Marburg ist gern bereit, kurzfristig in Vorleistungen zu treten, um die Errichtung fester Unterkünfte zu beschleunigen, wenn sie entsprechende Zusagen des Landes erhält.

4. dem Land zuzusichern, dass die Universitätsstadt Marburg bereit ist, die vorbildlichen Unterstützungsstrukturen für die Menschen in der Außenstelle Marburg der Erstaufnahmeeinrichtung in der Kooperation von Stadtverwaltung, beteiligten Trägern und Einrichtungen sowie dem freiwilligen Engagement Marburger Bürgerinnen und Bürger auch über das Ende des Zeltcamps hinaus zu verstetigen.

Der Magistrat wird weiterhin gebeten, über die Unterbringung von Flüchtlingen, die Möglichkeiten der Zurverfügungstellung fester Unterkünfte und die Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Erstaufnahmeeinrichtung zu berichten.

17.: Änderung Hauptsatzung zur Einrichtung weiterer Ortsbeiräte in der Innenstadt

Der Magistrat wird aufgefordert, rechtzeitig zur Beratung im Haupt- und Finanzausschuss am 13.10.2015 und zur Beschlussfassung in der Stadtverordnetenversammlung am 16.10.2015 einen Vorschlag zur Änderung der Hauptsatzung vorzulegen, mit dem folgende Ortsbezirke eingerichtet werden, so dass in diesen Ortsbezirken bei der Kommunalwahl am 6. März 2016 Ortsbeiräte gebildet und gewählt werden können:

1. Altstadt mit dem Gebiet der Wahlbezirke Altstadt I (21101), Altstadt II (21102) und Altstadt III (21103)

2. Südviertel mit dem Gebiet der Wahlbezirke Südviertel I (21401), Südviertel II (21402), Südviertel III (21403), Südviertel IV (21404), Südviertel V (21405) und Südviertel VI (21406)

3. Weidenhausen mit dem Gebiet des Wahlbezirks Weidenhausen (21201)

4. Kliniksviertel / Biegenviertel mit dem Gebiet der Wahlbezirke Kliniksviertel I (21301) und Kliniksviertel II (21302)

5. Waldtal mit dem Gebiet des Wahlbezirks Waldtal (23201)

Der Magistrat wird um Vorschläge gebeten, wie der aus den Wahlbezirken Kliniksviertel I und II gebildete Ortsbezirk bezeichnet werden kann, weil hier nicht mehr die ehemaligen Kliniken der Philipps-Universität prägend sind, sondern das Biegenviertel, der neue Campus Firmanei mit Altem Botanischem Garten und das Gebiet zwischen Bahnhofstraße und Lahn.

18.: Bleibekultur für Zusammenleben

Der Magistrat wird gebeten, zeitnah den Runden Tisch Integration einzuberufen, um gemeinsam mit  allen Akteuren der Flüchtlingsarbeit, neue Impulse und Handlungsansätze einer Bleibekultur zu entwickeln. Er soll dazu beitragen, ein friedliches, menschenwürdiges und von wechselseitiger Achtung getragenes Zusammenleben der dauerhaft hier lebenden (zugewiesenen) Flüchtlinge und der Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu gestalten.